Wenn wir uns den de-facto Standard ITIL und viele IT Service Management Organisationen im Lichte der Digitalisierung ansehen, dann fällt auf, dass Komponenten agiler Methodik oftmals fehlen. Für 2018 wurde eine Aktualisierung des ITIL-Frameworks angekündigt – auch erste Schulungsangebote in Richtung „agiles Service Management“ finden ihren Weg auf den Markt. Die Änderungen im ITIL-Framework werden mit Spannung erwartet.
Wo drückt der Schuh?
Mehrere Komponenten vermisse ich aktuell in ITIL V3, unter anderem „Customer Centricity“ – den Fokus auf den Kunden. In den meisten Branchen sind Unternehmen heute dadurch geprägt, dass sie in wesentlich kürzeren Zyklen ihre Geschäftsmodelle anpassen müssen, oftmals einhergehend mit der Einführung neuer oder veränderter IT-Lösungen.
ITIL fokussiert sich aus meiner Sicht seinerseits zu stark auf die effiziente Bereitstellung von IT Services. Man könnte klassischen IT Service Management Organisationen auch zynisch unterstellen, dass sie sich hinter ihren kontroll- und steuerungsorientierten mehrstufigen Prozessen „ausruhen“. Wenn ein Change Request nach 8 Arbeitstagen umgesetzt wurde, dann ist die SLO (Service Level Objective) zwar erfüllt – aber ist der Kunde am Ende des Tages damit zufrieden? Dies hat in vielen Unternehmen zu einer bimodalen oder multimodalen IT geführt. Die IT läuft durch ihre unterschiedlichen Betriebs-, Delivery- und Arbeitsmodelle (und nicht zuletzt –kulturen) oftmals in separaten Prozess- und Tool-Welten. Diese einander wieder anzunähern muss das Ziel sein.
Was ist heute und in Zukunft wichtig?
Aus meiner Sicht sollten Aspekte aus der agilen Organisationsentwicklung, aber auch der agilen Projektmethodik, in künftige Ansätze des IT Service Managements einfließen. Insbesondere der DevOps Kultur möchte ich hier besondere Bedeutung beimessen, denn diese prägt heute zahlreiche digitalisierungs- und time-to-market-getriebene IT-Organisationen.
Scrum-Teams können sich nicht auf einen starren Change Management Prozess einlassen, der Änderungen oder Releases in festen Zyklen mit langen Vorlaufzeiten von Entwicklung über Test in Produktion bringt – insbesondere wenn beispielsweise ein „Minimum Viable Product" (MVP) am Ende eines Sprints mit dem Kunden pilotiert werden soll. Inkremente müssen im Rahmen eines fließenden Prozesses in Produktion gelangen, damit sie zügig Mehrwert für den Kunden generieren.
Dies ist eben jene Flexibilität, die an Bedeutung gewinnt, aber in „klassischen“ Service Management Organisationen heutzutage an vielen Stellen nicht berücksichtigt wird und kundennahe Bereiche – wie eingangs erwähnt – in Richtung von „Insellösungen“ ohne die oben genannten „Prozess-Zwänge“ drängt.
Egal ob die IT klassisch, bimodal oder gar trimodal aufgestellt ist: Aus meiner Sicht muss ITIL einerseits flexibel genug sein, ein standardisiertes Prozess-Set unterstützen zu können, andererseits müssen agile Teams die Freiheit erhalten, ihre Arbeitsergebnisse schnell an den Kunden zu bringen. Nur so lässt sich „Value“ generieren.
Wird es ITIL in fünf Jahren noch geben?
ITIL hat aus meiner Sicht weiterhin seine Daseinsberechtigung. Bleiben jedoch wichtige Impulse zum Beispiel in Richtung einer Agilisierung des Service Managements aus, werden vermutlich andere Initiativen ITIL den Rang ablaufen. Einen stabilen Betrieb müssen die IT-Bereiche auch zukünftig gewährleisten. Die Art und Weise muss allerdings viel stärker an den Anforderungen der Kunden ausgerichtet werden.
Wie wird die geplante Aktualisierung von ITIL aussehen?
Für 2018 wurde eine Aktualisierung des ITIL-Frameworks angekündigt. Meine Erwartungen an die Aktualisierung sind hoch. Was uns konkret erwartet, müssen wir noch abwarten. Steht das Thema „Agiles Service Management“ auch bereits auf Ihrer Agenda? Ich freue mich über Ihre Gedanken.