Wie Telekommunikationsanbieter durch datenbasierte Vertriebsaktivitäten ihre Kundengewinnung und -bindung optimieren.
Obwohl der Konnektivitätsmarkt in den letzten zehn Jahren stark gewachsen ist und sich der Datenverkehr mehr als verhundertfacht hat, konnten die großen deutschen Telekommunikationsunternehmen ihren Umsatz nicht in gleichem Maße steigern. Zwischen 2008 und 2022 verzeichnete die Deutsche Telekom ein CAGR von -1%, Vodafone nur 1% und Telefonica 6%.[1] Der Rückgang der durchschnittlichen monatlichen Erlöse pro Nutzer (ARPU) bei Mobilfunknetzbetreibern, die in 10 Jahren um 14 % bis 38 % gefallen sind, verdeutlicht das Problem.[2] Grund dafür ist der stetige Wandel im Telekommunikationsmarkt, der die Telekommunikationsunternehmen vor große Herausforderungen stellt,[3] während gleichzeitig die Entwicklung von Foto- und Videoplattformen immer höhere Übertragungsraten erfordert, die mit hohen Investitionen in das Netz verbunden sind. Darüber hinaus erwarten Kunden immer mehr Leistung, z.B. in Form von schnelleren Datenübertragungsraten oder geringeren Ausfallquoten, sind aber nicht bereit, dafür mehr zu bezahlen. Dies erschwert es den Telekommunikationsanbietern, die hohen Investitionskosten, z.B. für den Umstieg auf eine neue Mobilfunkgeneration oder den Ausbau eines Glasfasernetzes, zu tragen.
Höhere Wirtschaftlichkeit durch Verbesserung bestehender Kundenprozesse
Um die notwendigen Investitionen in neue Technologiefelder wie den 5G-Netzausbau stemmen zu können und die eigene Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern, müssen Telekommunikationsanbieter neue Wege finden, um ihre Profitabilität nachhaltig zu steigern. Neben der Erweiterung des Kerngeschäfts um neue Erlösquellen gehört dazu auch die Optimierung bestehender Prozesse, etwa im Kundenservice und Vertrieb. Dabei geht es um zwei Dimensionen:
Zum einen auf die Senkung der Kosten für die laufende Kundenprozesse durch die Automatisierung von Prozessschritten und die Beschleunigung der Bearbeitungszeiten von Kundenanfragen. Zum anderen zielen die Prozessoptimierungen darauf ab, die Kundenbindung durch positive Kundenerlebnisse zu erhöhen und Kunden kontinuierlich weiterzuentwickeln durch aktives Cross- und Up-Selling.
Kundenzentrierung als Schlüssel zur Differenzierung in Commodity-Märkten
Der Schlüssel zur Differenzierung in einem Marktumfeld, in dem Konnektivität zunehmend als Commodity wahrgenommen wird, liegt in der Bereitstellung kundenzentrierter Services und hochwertiger Kundenerlebnisse. Beides basiert auf der intelligenten Nutzung von Kundendaten, die eine zielgerichtete, personalisierte und kanalübergreifende Kundenansprache ermöglichen.
Dies betrifft zum einen den Verkaufsprozess. Hier können Kundendaten in Kombination mit externen Informationen beispielsweise zur Entscheidungsunterstützung hinsichtlich der optimalen Zusammensetzung der Kommunikationskanäle, der Kaufbereitschaft bzw. des Kaufpotenzials oder der individuellen Preis- und Angebotsgestaltung genutzt werden. Weiterhin können Daten im Kundensupport und After Sales genutzt werden, um potenzielle Probleme mit bestimmten Kunden vorherzusagen oder Servicemitarbeitern ein besseres Verständnis der Kundenpräferenzen zu ermöglichen und damit auch bei Live-Interaktionen ein personalisiertes Kundenerlebnis zu bieten.
Praxisbeispiele für kundenzentrierte Vertriebs- und Servicecenter-Prozesse
Telekommunikationsunternehmen verfügen über umfangreiche Kundeninformationen und Erfahrungen in deren Verarbeitung, z.B. im Rahmen der Zielgruppensegmentierung. Damit bringen sie gute Voraussetzungen für eine kundenzentrierte Ausrichtung ihrer Vertriebs- und Servicecenter-Prozesse mit.
In der Praxis muss es gelingen in Vertrieb und Service von der reinen Fallbearbeitung zu einer proaktiven, zielgruppenspezifischen Kundenansprache überzugehen, die zur Stärkung der Markenbindung beiträgt und Up- und Cross-Selling unterstützt.
Zwei reale Kundenbeispiele zeigen, wie dies gelingen kann:
- Serviceoptimierung durch intelligentes Routing
Ein führender Telekommunikationsanbieter möchte die Verteilung von Kundenanfragen optimieren, um gezielter auf Kundenanfragen reagieren zu können und damit Chancen für Up-/Cross-Selling und Kundenbindung besser zu nutzen. Durch den Einsatz fortschrittlicher Analyse- und intelligenter Routing-Systeme kann das Telekommunikationsunternehmen eingehende Ereignisse je nach Komplexität, Dringlichkeit oder spezifischen Anforderungen kategorisieren und priorisieren. Dies ermöglicht eine effiziente Ressourcenzuweisung, um sicherzustellen, dass Kunden, mit dem für ihre Bedürfnisse am besten geeigneten Serviceagenten verbunden werden. Dieser Ansatz verbessert nicht nur die Kundenzufriedenheit durch maßgeschneiderte und zeitnahe Unterstützung, sondern optimiert auch die Effizienz der Serviceagenten. Indem Kunden seltener zwischen verschiedenen Abteilungen oder Spezialisten umgeleitet werden müssen, kann das Unternehmen die Bearbeitungszeit verkürzen, die Erstlösungsrate erhöhen und die Gesamtproduktivität steigern.
- Gestaltung nahtloser und intuitiver Customer Journeys
Ein Telekommunikationsunternehmen möchte die Customer Touchpoints entlang seiner Telekommunikationsdienste optimieren, um die Kundenbindung nachhaltig zu stärken, Supportanfragen zu reduzieren und die Gesamteffizienz seiner operativen Prozesse zu steigern. Mithilfe von Datenanalysen und KI-basierten Lösungen ist es in der Lage, Einblicke in das Verhalten und die Präferenzen seiner Kunden zu gewinnen und seine Angebote so anzupassen, dass nahtlose und intuitive Customer Journeys entstehen.
Die drei führenden Mobilfunkanbieter haben mit ihren Chatbots, TOBi, Aura und Frag Magenta, beeindruckende Innovationen hervorgebracht. Diese fortschrittlichen digitalen Assistenten gebrauchen künstliche Intelligenz, um eine optimale Benutzererfahrung zu bieten. Sie repräsentieren einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung von Kundenservice und Technologie, indem sie die Grenzen dessen, was als möglich angesehen wurde, erweitern.
Angefangen als "Digitaler Störungsassistent" im Jahr 2016 hat die Deutsche Telekom mit "Frag Magenta" einen eindrucksvollen Weg in die Welt der künstlichen Intelligenz eingeschlagen. Die kontinuierliche Verfeinerung, gekoppelt mit einer weitreichenden Integration in die Servicekanäle der Telekom, hat "Frag Magenta" zu einem Multitalent gemacht, welches mittlerweile mehr als 380 verschiedene Kundenanfragen bearbeiten kann. In den letzten fünf Jahren wurden er jeweils als der beste digitale Assistent in der Telekommunikationsbranche ausgezeichnet.
Der erste Hebel gegen sinkende Margen
Die Optimierung von Vertriebs- und Kundenserviceprozessen im Hinblick auf Effizienz und Kundenzentrierung ist ein wirksamer Hebel zur Erhöhung der Markenbindung und zum Ausbau von Kundenbeziehungen - und trägt damit zur Kostensenkung bei.
Trotz der oben genannten erfolgreichen Praxisbeispiele, die ein hohe Innovationskraft im Bereich der Kundenzentrierung zeigen, kann damit nur an der Kostenschraube optimiert werden. Daneben gibt es aber noch eine zweite Stellschraube: die Erlösseite. Mehr dazu im nächsten Artikel „Neue Erlösquellen durch Geschäftsmodellerweiterung“.
[1] Quelle(n): Statista; Statistik-Report zum Telekommunikationsmarkt in Deutschland 2023
[2] Quelle(n): Statista; ARPU der Mobilfunknetzbetreiber in Deutschland bis Q4 2022; ID 3683
[3] z.B. hat die Etablierung von Diensten wie Whastapp das traditionelle Telefonie- und SMS-Geschäft überflüssig gemacht