
Effizientes Dokumentenmanagement für Energieerzeuger
Warum Softwarelösungen allein nicht ausreichen
In Zeiten zunehmender Digitalisierung, Fachkräftemangel, datengetriebener Organisationen und digitaler Intelligenz spielt ein gut organisiertes Dokumentenmanagement eine entscheidende Rolle, insbesondere für Energieerzeuger als Betreiber komplexer Anlagen oder großer Anlagenparks.
Unternehmen können heute auf eine Vielzahl von technischen Lösungen zurückgreifen, die sie bei der Verwaltung, Nutzung und Analyse von Dokumenten unterstützen. Das Angebot reicht von integrierten Plattformen, auf denen sowohl technische Dokumente verwaltet als auch Prozesse abgebildet werden können, über spezialisierte Software für bestimmte Wertschöpfungsstufen oder Dokumentarten bis hin zu hybriden Lösungen, die Aspekte des Workforce- und Asset-Managements mit dem Dokumentenmanagement kombinieren. Diese Softwarelösungen können einzeln oder als Teil einer größeren IT-Plattform eingesetzt werden.
Die technische Basis ist wichtig, reicht aber allein nicht aus, um ein effizientes Dokumentenmanagement zu gewährleisten. Vielmehr ist das Zusammenspiel von Organisationsstrukturen, klar definierten Prozessen und Rollen sowie die Art und Weise, wie Teams zusammenarbeiten, von zentraler Bedeutung. Im Folgenden werden diese verschiedenen Dimensionen beleuchtet und aufgezeigt, dass ein ganzheitlicher Ansatz notwendig ist, um hohe Qualität und Effizienz zu erreichen.
1. Das Organisationsmodell: Basis für effizienten Austausch
Die Wahl des richtigen Organisationsmodells für Dokumentenmanagement ist ein zentraler Erfolgsfaktor. Es gibt mehrere Ansätze, wie Unternehmen Dokumente und Dokumentation strukturieren können, die jeweils ihre Vor- und Nachteile haben.
Zentrale Dokumentation
In diesem Ansatz existiert eine Abteilung für Dokumentation, die aus Dokumenten ManagerInnen besteht. Diese „Doku ManagerInnen“ sind für die Verwaltung, Pflege und Qualitätskontrolle der Dokumente verantwortlich.
- Vorteile: Ein hoher Grad an Konsistenz und Standardisierung hinsichtlich Stil, Format und Qualität der Dokumente. Außerdem können die Doku ManagerInnen zentral und flexibel eingesetzt werden, insbesondere bei Großprojekten.
- Nachteile: Der Koordinationsaufwand zwischen den verschiedenen Abteilungen kann erheblich sein, da die zentrale Einheit alle Informationen sammeln und verarbeiten muss.
Dezentrale Dokumentation
In einem dezentralen Modell sind Doku ManagerInnen direkt in die jeweiligen Abteilungen wie Planung, Bau, Betrieb, Service oder Instandhaltung integriert.
- Vorteile: Durch die direkte Zusammenarbeit zwischen den Fachabteilungen und den Doku ManagerInnen entstehen passgenaue und abteilungsspezifische Dokumentationen.
- Nachteile: Es kann zu Inkonsistenzen in der Dokumentenstruktur und -qualität zwischen den Abteilungen kommen. Zudem besteht die Gefahr von Wissenssilos.
Hybrides Modell
In dieser Kombination aus zentralem und dezentralem Ansatz sind Doku ManagerInnen organisatorisch in einer zentralen Einheit verankert, arbeiten jedoch eng mit den Abteilungen zusammen.
- Vorteile: Dies vereint die Vorteile beider Modelle: Standardisierung und Professionalisierung bei gleichzeitiger Nähe zu den Fachabteilungen.
- Nachteile: Das Management einer solchen hybriden Struktur kann komplex sein und erfordert eine sorgfältige Abstimmung zwischen den zentralen und dezentralen Einheiten.
Das passende Modell hängt von mehreren Faktoren ab: Wird ein unternehmensweiter Ansatz für Dokumentenmanagement angestrebt? Wie hoch ist der Spezialisierungsgrad der einzelnen Abteilungen? Wie ist die gewünschte Flexibilität bei der Ressourcenplanung?

2. Prozesse und Zuständigkeiten: Der Faktor Mensch
Die besten IT-Lösungen können ihre Potenziale nur entfalten, wenn sie durch klar definierte Prozesse und Zuständigkeiten unterstützt werden. Ohne geeignete Rahmenbedingungen besteht die Gefahr, dass Mitarbeitende eigene Ansätze zur Strukturierung und Bearbeitung von Dokumenten entwickeln. Diese sind folglich nicht in die unternehmensweite Strategie eingebettet und führen zu Fragmentierung und Effizienzverlusten.
Für den erfolgreichen Aufbau eines Dokumentenmanagements sind folgende Bausteine elementar:
- Klare Zuständigkeiten und dedizierte Rollen: Die Verantwortlichkeiten für das Dokumentenmanagement müssen klar definiert und kommuniziert werden. Neben Rollen- und Aufgabenbeschreibungen kann dies durch die Schaffung spezifischer Rollen, wie z.B. die eines Product Owners für das Dokumentenmanagement-System und von Doku ManagerInnen für das operative Dokumentenmanagement, erreicht werden.
- Koordination und Kommunikation: Übergreifende Prozesse und Abstimmungen zwischen den Abteilungen sind entscheidend, um Reibungsverluste an den Abteilungsgrenzen zu vermeiden, z.B. bei der Übergabe von Dokumenten zwischen Bau und Betrieb.
- Systemunterstützte Prozesse: Technologische Lösungen können Prozesse unterstützen, z.B. durch die Verwendung von Metadaten, standardisierten Ablagesystemen (z.B. KKS-Systematik) und intelligenten Workflows. Die Integration von Kollaborationstools (ähnlich wie z.B. in der Microsoft-Umgebung) erleichtert die bereichsübergreifende Zusammenarbeit, was allerdings eine entsprechende Unternehmenskultur voraussetzt.
3. Das richtige Betriebsmodell: Service und Support
Effizientes Dokumentenmanagement muss nicht nur implementiert, sondern auch kontinuierlich betreut und weiterentwickelt werden. Dazu gehört die Definition eines klaren Service- und Betriebsmodells, das sowohl technische als auch organisatorische Anforderungen berücksichtigt.
Feedback- und Änderungsmanagement
Ein gut funktionierendes Änderungsmanagement ist entscheidend, um das System kontinuierlich an die Bedürfnisse der Nutzenden anzupassen. Regelmäßige Abstimmungen zwischen den verschiedenen Nutzergruppen sind dabei unerlässlich, um sicherzustellen, dass unterschiedliche Anforderungen (z.B. bei der Definition von Metadaten) berücksichtigt und in Einklang gebracht werden.
Service Level Agreements (SLAs)
Klare Vereinbarungen mit internen IT-Abteilungen, ggf. mit der internen Dokumentenmanagement-Abteilung sowie mit externen Anbietern sind notwendig, um Erreichbarkeit und Verfügbarkeit des Systems zu garantieren. Die Aufteilung der Verantwortung zwischen den beteiligten AkteurInnen, vor allem bei der Betreuung von Infrastruktur und Software, ist vertraglich klar zu regeln.
Sicherheitsanforderungen und Regularien
Regulatorische Anforderungen, wie die NIS-2-Richtlinie für Cybersicherheit, müssen in die Systementwicklung einfließen. Auch hierfür sind Zuständigkeiten und die notwendige Zusammenarbeit zwischen Fachbereichen und IT-Sicherheit festzulegen. Regelmäßige Sicherheits- und Funktionsupdates sowie Backups sind unerlässlich, um die Integrität von Daten zu gewährleisten.
Fazit
Dokumentenmanagement bei Energieerzeugern ist mehr als nur der Einsatz einer technischen Lösung. Ein durchdachtes Organisationsmodell, klar definierte Prozesse und Zuständigkeiten sowie ein umfassendes Service- und Betriebsmodell sind zentrale Erfolgsfaktoren. IT-Lösungen wie integrierte Plattformen und spezialisierte Software spielen eine wichtige unterstützende Rolle, doch die eigentliche Qualität und Effizienz werden maßgeblich durch Organisationsstrukturen, Betriebs- und Servicemodell sowie die Unternehmenskultur bestimmt.
Wenn diese Aspekte ganzheitlich betrachtet werden, dann kann Dokumentenmanagement zu einem echten Wertschöpfungstreiber für Energieerzeuger werden. Idealerweise ist Dokumentenmanagement Teil eines ganzheitlichen Operational Excellence Ansatzes und somit die Basis für datengetriebene Effizienz und Wertschöpfung (z.B. durch KI-gestütztes Gutachten- und Vertragsmanagement, Konformitätsprüfung bzgl. regulatorische und technischer Vorgaben etc.).