Kaum eine Branche verfügt über einen so umfassenden Zugang zu Kundendaten wie Stadtwerke und andere Energieversorgungsunternehmen. Dennoch nutzen bislang nur wenige ihren vorhandenen Datenschatz systematisch zur Optimierung ihrer Geschäftsprozesse. Gerade im Vertriebsprozess bietet die Datenanalyse enorme Potenziale für die Neukundengewinnung und Bestandskundenbetreuung. Um diese zu heben, müssen die Unternehmen die richtigen technologischen, personellen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen.
Von der Eingabe des Zählerstandes auf der Website über den Ticketkauf per App bis hin zum Schwimmbadbesuch - EVU und insbesondere Stadtwerke verfügen über vielfältige Kundenkontaktpunkte. Entlang dieser Touchpoints fallen bereits heute große Mengen an Kundendaten an, beispielsweise in Form von Telefonnummern, Tarifinformationen, Stromverbräuchen etc. In Zukunft könnte diese Datenmenge noch weiter ansteigen. Zum einen, weil die Nutzung digitaler Kanäle wie Kundenportale oder Apps weiter zunimmt. Zum anderen, weil Smart Meter, komplexe Vertragsbeziehungen wie Prosumer-Kunden oder LIS dazu führen, dass aus Standard-Commodity-Kunden mit überschaubarem Datenaufkommen Kunden werden, die massenhaft Daten produzieren.
Potenziale von Data Analytics für den EVU-Vertriebsprozess
Die systematische Erfassung und Auswertung dieser Daten birgt für EVU enorme Potenziale, etwa im Hinblick auf eine verbesserte Unternehmensplanung und -steuerung, die Entlastung der Mitarbeiter von Routinetätigkeiten oder die Einführung neuer, datenbasierter Dienstleistungen für ihre Kunden. Ein zentrales Anwendungsfeld ist der Vertriebsprozess. Dies betrifft zum einen die Kundenbindung, bei der Datenanalysen eingesetzt werden können, um Kunden, ihr Verhalten und ihre Bedürfnisse besser zu verstehen - und darauf aufbauend gezielte Maßnahmen zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit, zur Senkung der Churn-Rate oder zum Cross- und Up-Selling zu entwickeln. Andererseits helfen Data Analytics im Rahmen der Neukundengewinnung, die Produkte bzw. Dienstleistungen des Unternehmens und die Vertriebs- bzw. Marketingkanäle optimal auf die jeweiligen Zielgruppen abzustimmen und damit Streuverluste in der Kundenansprache zu minimieren. In der Praxis werden im Vertriebsumfeld durch die Nutzung vorhandener Daten wertvolle Kunden identifiziert und deren Verhaltensweisen und Präferenzen analysiert. Auf Basis dieser Erkenntnisse werden individualisierte Angebote, wie beispielsweise Smart-Home-Lösungen oder Regionalstromtarife, für bestimmte Zielgruppen entwickelt und über die bevorzugten Kontaktkanäle an die entsprechenden Kunden adressiert.
Hürden für den Einsatz von Data Analytics im EVU-Umfeld
Trotz der enormen Chancen, die der Einsatz von Data Analytics im Vertriebsprozess der EVU bietet, sind viele EVU bislang nicht in der Lage, den Wert ihrer Daten voll auszuschöpfen. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die mangelnde Datenqualität aufgrund gewachsener, stark fragmentierter Systemlandschaften. So haben viele EVU heute unterschiedliche Systeme wie Abrechnungssysteme, CRM-Systeme oder Kundenportale im Einsatz, in denen jeweils unterschiedliche Daten vorliegen. Die fehlende Verknüpfung und Zusammenführung der Informationen aus diesen unterschiedlichen Datenquellen zu einer „Single Source of Truth“ erschwert die Auswertbarkeit der Daten und führt zu Datensilos. Gleichzeitig erhöht ein hoher Anteil manueller Prozesse den Aufwand und die Fehleranfälligkeit. Doppelte Datensätze, veraltete und inkonsistente Informationen oder falsch zugeordnete Kundenkontakte sind die Ursache.
Hinzu kommen Herausforderungen in Bezug auf Ressourcen und Know-how. So zeigt sich der Fachkräftemangel bei EVU nicht nur im handwerklichen Bereich, etwa bei Monteuren und Technikern, sondern auch im IT-Bereich. Neben dem notwendigen Personal fehlt es häufig auch an den erforderlichen Kompetenzen zur Datenauswertung und -nutzung, da die vorhandenen Kenntnisse der Sachbearbeiter und IT-Mitarbeiter für Data Analytics oft nicht ausreichen.
Verschärft wird die Problemstellung durch häufig starre Organisationsstrukturen, die eine bereichsübergreifende Bereitstellung und Nutzung von Daten nicht unterstützen. Dies betrifft sowohl den Datenaustausch zwischen den verschiedenen Sparten, wie z.B. Energie und Verkehr, als auch den Austausch innerhalb dieser Bereiche, z.B. zwischen Vertrieb und Kundenservice. Um diese Silos effektiv zu überwinden, ist es wichtig, die Aufbau- und Ablauforganisation im Sinne einer Data Driven Organisation langfristig entlang der Datenflüsse im Unternehmen auszurichten.
Vorgehensweise im Rahmen von Data Analytics Projekten
Um Unternehmen technologisch, personell und organisatorisch auf den Einsatz von Data Analytics auszurichten, ist es wichtig, die Vorgehensweise bei der Datenanalyse zu verstehen. Diese gliedert sich in fünf Phasen:
1. Datengewinnung:
Die Verarbeitung personenbezogener Daten bedarf besonderer Vorsicht und technischer Kompetenz. Aus diesem Grund kooperiert DATALOGUE an dieser Stelle in einem zertifizierten Prozess mit dem TÜV Rheinland, der als Trusted Third Party (TTP) fungiert.
Die personenbezogenen Merkmale werden für die Anreicherung und Analyse mittels lizensierter DataSec Software verhasht und nach Abschluss des Verfahrens vollumfänglich gelöscht. Als analytischer Partner ist DATALOGUE auf Datensicherheitsstandard nach ISO 27001 zertifiziert und vollkommen DSGVO-konform.
2. Datenaufbereitung:
3. Data Analytics:
Im Anschluss gilt es, robuste Datenmodelle und Analyseverfahren zu entwickeln, um die jeweilige Fragestellung zu beantworten. Bezogen auf den Vertriebsprozess könnte dies z.B. die Frage sein, ob sich das im Unternehmen vorherrschende Bild des „typischen Kunden“ in der Realität der Daten wiederfindet. Oder ob es möglicherweise zwei ähnliche Kundengruppen gibt, die sich aber in einem kritischen Merkmal unterscheiden.
4. Handlungsempfehlungen:
Erkenntnisse dieser Art sollten dann in konkrete Handlungsempfehlungen für das jeweilige Geschäftsmodell des Kunden überführt werden. So kann die Identifikation von zwei statt einem Kundensegment unter anderem zu Anpassungen in der Kommunikation, der Preisgestaltung sowie zu einer Überprüfung des Skillsets der eingesetzten Mitarbeiter führen.
5. Erfolgsmessung:
Die Erkenntnisse aus dem Datenanalyseprozess können z.B. im Marketingbereich direkt in Form einer Kampagne getestet werden. Hier bietet es sich an, mit Hilfe von Nullgruppen die Effekte des Redesigns zu ermitteln. In der Endkundenbeziehung werden so klassische Marketingkennzahlen wie CPO oder TKP in direkte Beziehung zu Data Analytics gesetzt.
Praxisbeispiel: Optimierte Neukundengewinnung bei norddeutschem EVU
Wie dieses Vorgehen in der Praxis aussehen kann, zeigt das Beispiel eines norddeutschen Energieversorgungsunternehmens. Dieses stand vor der Herausforderung, Neukunden im Bereich B2B effizienter zu gewinnen. Datalogue unterstützte den Kunden bei der Bearbeitung dieser Aufgabenstellung im Rahmen eines gemeinsamen Data Analytics Projekts mit folgenden Leistungen:
- Analyse der Top-Kunden aus dem Bestand
- Nutzung externer Referenzdaten zur Identifikation vergleichbarer Unternehmen deutschlandweit
- Ableitung von Testkampagnen unter Berücksichtigung diverser Kanal-Szenarien
- Response-Messung & Reporting unter Anwendung der Learnings aus den Testkampagnen.
In der Folge konnten die Neukundenrate um 28% gegenüber vergleichbaren Kampagnen gesteigert und die so entwickelten Kampagnen zu einem nachhaltigen Akquisitionskanal zur Neukundengewinnung mit attraktivem CPO & Self-Learning Analytics Engine ausgebaut werden.
Holistischer Ansatz zur Ausschöpfung vorhandener Datenpotenziale
Beispiele wie dieses zeigen das Potenzial von Data Analytics für die Optimierung von Vertriebsprozessen in Energieversorgungsunternehmen. Gleichzeitig bedeutet die Nutzung von Data Analytics einen hohen Transformationsaufwand für die Unternehmen. Dies betrifft zum einen technologische Aspekte wie den Aufbau einer zentralen oder dezentralen Datenarchitektur, um eine effiziente Datenbereitstellung, -zusammenführung und -auswertung über alle Unternehmensbereiche hinweg zu gewährleisten. Zum anderen müssen Unternehmen aber auch die richtigen organisatorischen und personellen Voraussetzungen für den wertschöpfenden Umgang mit Daten im Unternehmen schaffen.
Beide Dimensionen dieser Transformation sind mit einem hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden. Entsprechende Initiativen sollten daher immer an mehrwertstiftende Use Cases geknüpft sein und in enger Abstimmung mit den Fachbereichen sowie mit Rückendeckung des Managements durchgeführt werden.
Richtig umgesetzt ermöglicht diese Form der Datenanalyse mehr Wissen über die Kunden, wodurch die Abwanderungsrate gesenkt und Kundenbedürfnisse gezielter erkannt werden können. Daten ermöglichen auch eine effizientere Kundenakquise, z.B. durch gezielte Kundenansprache, wodurch die Cost-to-Acquire gesenkt werden können.
Take-Away: Checkliste Einstieg in Data Analytics Ansätze
In welchen Unternehmensbereichen bietet der Einsatz von Data Analytics den größten Mehrwert für das Business?
Welche Fragestellungen sollen im Rahmen des DA-Projekts betrachtet werden?
Verfügt das Unternehmen über die nötigen organisationalen, prozessualen und personellen Voraussetzungen, um DA im Unternehmen erfolgreich zum Fliegen zu bringen?
Welche Stakeholder im Unternehmen sollten im Vorfeld von DA-Projekten eingebunden werden?
Sind alle notwendigen Datenquellen bekannt und in meinem Unternehmen vorhanden?
Sind interne und externe Datenquellen sinnstiftend miteinander verbunden?
Werden vorhandene Daten für unternehmerische Entscheidungen genutzt?
Sind Pflege und Auswertung von Daten sowie deren Verantwortlichkeit klar geregelt?
Ist eine dem Zweck angemessene Ausstattung an Tools, Mitarbeitern etc. vorhanden?
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Wer ist Datalogue?
DATALOGUE ist ein Full-Service-Anbieter für Datenanalyse im Marketing.
Ihre Lösungen ermöglichen es KundInnen, ihre Umsätze mit Neu- und BestandskundInnen zu steigern und/oder durch eine effizientere Zielgruppenansprache Kosten zu sparen.
Das Angebot von Datalogue umfasst Data Analytics & AI Services, Marketing Services und eigene Softwarekomponenten.