Komplexität und Dynamik der Corona-Krise haben im Schnelldurchlauf offenbart, welche Stärken und Schwächen bei der Zusammenarbeit in Unternehmen bestehen – sei es in der Kommunikation, bei der Planung des Arbeitsalltages oder in puncto (Selbst-)Motivation. Der Wechsel in Remote Working bzw. Homeoffice-Strukturen hat zum Teil sehr transparent gemacht, welche Fähigkeiten, Strukturen oder Technologien im Unternehmen fehlen, um die Arbeitsfähigkeit sicherzustellen. Unternehmen mit Vorerfahrung in agilen Arbeitsweisen verfügen in dieser Situation über einen enormen Vorteil. Denn die Fähigkeiten und Eigenschaften agiler Organisationen sind nicht nur in Krisen generell, sondern auch für ein erfolgreiches Remote Working von großem Nutzen.
4 Aktionspunkte zu agilen Organisationsprinzipien in der Corona-Krise
Zwei Zielsetzungen sind aktuell besonders wichtig: Erstens, die Stärken agiler Organisationen zu aktivieren und zu nutzen, um die Krisensituation kurzfristig zu meistern. Zweitens, die Transformation zur agilen Organisation jetzt nicht zu stoppen oder zurückzudrehen, sondern weiter im Rahmen des neuen Remote Working und trotz der erschwerten Umstände voranzutreiben. Hier sind vier konkrete Aktionspunkte, die diese Zielsetzung unterstützen:
Aktionspunkt #1: Organisation: Wertschöpfungsrelevanz überprüfen
Unternehmen können jetzt nutzen, was in agilen & lean Strukturen Alltag ist: Priorisieren, was für den Kunden wichtig ist. Eine wertschöpfungsorientierte Ausrichtung nach Produkten und Services kann bei zentralen Organisationsentscheidungen unterstützen. Flexibilität und Geschwindigkeit sind gerade in der Krise von Vorteil, um z.B. bisher unbekannte Kundenwünsche bedienen zu können oder unterbrochene Logistikketten kreativ zu ersetzen. Dabei ist klar: Auf- und Ablauforganisation sowie Strukturen können nicht problemlos „remote“ geändert werden.
Folgende Fragen auf Basis unserer Erfahrungen in Transformationsprojekten können unterstützen:
- Wie stärke ich Kundenorientierung, Kreativität und Eigeninitiative in den Produkt- und Serviceteams, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen?
- Welche zentralen Funktionen kann ich für Einsparmaßnahmen verkleinern oder auflösen, ohne meine Wertschöpfung signifikant zu beeinflussen? Welche Hierarchielevel sind verzichtbar oder sogar hinderlich?
- Welche Entscheidungsprozesse verhindern schnelle Entscheidungen der Mitarbeiter nah am Kunden? Kann ich sie verändern, ohne größere unternehmerische Risiken einzugehen?
Aktionspunkt #2: Führung: Servant Leadership etablieren und stärken
Der Ansatz des „Servant Leaders“ ist in der aktuellen Krise zu einer Notwendigkeit geworden. Die Führungskraft in einer agilen Organisation ist weniger in der Rolle des Entscheiders, Managers oder Leiters. Stattdessen schafft sie als „Servant Leader“ und Facilitator einen sicheren Rahmen für das Team, um selbstorganisiert, effizient und ergebnisorientiert arbeiten und entscheiden zu können. Die Produktivität der Mitarbeiter wird im Homeoffice (noch weniger) durch Kontrolle sichergestellt. Die Führungskraft sollte sich schnell Klarheit über die dringlichsten Anforderungen des Teams (technische Anbindung, Workflow-/Aufgaben-Transparenz, Motivation, Vision/ Sinn/ Zukunft, …) verschaffen und bei der Etablierung von Lösungen und Schnittstellen zu anderen Teams unterstützen.
Fragen Sie sich zum Beispiel:
- Was benötigt das Team, um weiter im Sinne des Kunden und der Unternehmensvision / des Leitbildes produktiv arbeiten zu können?
- Welche Hindernisse muss ich dazu mit höchster Priorität aus dem Weg räumen?
- Wie liefere ich ausreichend Information, Ressourcen, technische Infrastruktur/ Tools, Support etc., um das Team zu unterstützen?
- An welchen Stellen des Remote Workings sind meine Beteiligung und Kontrolle im Gegensatz zum bisherigen Modus Operandi überflüssig oder sogar hinderlich, wo Bedarf es hingegen mehr Unterstützung?
Aktionspunkt #3: Teamarbeit: Rahmen für Selbstorganisation schaffen bzw. stärken
Die Kanban Boards der Bürowände lassen sich in digitale Alternativen übersetzen, tägliche Stand-Up Meetings sind auch Remote möglich und auch für kreative Workshops, Reviews und Retrospektiven gibt es mittlerweile digitale Tools. Teams sollten die Kernprinzipien der Selbstorganisation, Transparenz und eine gute Kommunikation gemeinsamer Ziele und Aufgaben unbedingt beibehalten: Dafür bleiben klare, kurzfristige Ziele in Sprints mit festgelegten Rollen und Artefakte (gemeinsame Taktung, auch Struktur durch Termine) wichtiger Ausgangspunkt. Das alles ersetzt natürlich keine Face-to-Face Meetings, so dass die aktuelle Situation den (verteilten) Teams auch hilft herauszufinden, für welche Meetings es sich in Zukunft lohnt sich direkt zu treffen und was auch nach Corona Remote bleiben kann.
Diese Fragestellungen sind jetzt besonders wichtig:
- Wer stellt wie sicher, dass Rollen und Aufgaben aller Teammitglieder geklärt bzw. neu definiert werden, um effektives Arbeiten zu ermöglichen?
- Welche Meetings sind für eine strukturierte Zusammenarbeit sinnvoll? Welche Teilnehmer sind jeweils wirklich notwendig?
- Wer behält den Überblick über Auslastung und Kapazitäten im Team?
- Mit welcher Technologie / Online-Meeting-Plattform wird konsequent gearbeitet? Wer sorgt für eine leicht verständliche und reibungslose Funktionalität?
Aktionspunkt #4: Kultur: Ausgewählte Werte & Prinzipien stärken
Der steigende Anteil an Remote Working-Strukturen beeinflusst die kulturelle Dimension der Zusammenarbeit gravierend. Soziale Interaktionen wie Flurfunk, das kommunikative Socializing in der Kaffeepause, Teamsport und Teamrituale geraten dadurch schrittweise ins Hintertreffen. Ausgewählte Werte wie Vertrauen und Verantwortung in der Zusammenarbeit, Kundenorientierung oder Flexibilität und Kreativität sind als Erfolgsfaktoren erfolgreicher Organisationen bewusst zu stärken:
- Wie können Mitarbeiter Verantwortung übernehmen, um bei der Bewältigung der Krise zu helfen?
- Wie fördern wir eine respektvolle und aufmerksame Meetingkultur, wenn wir uns online treffen?
- Wie feiern wir Erfolge und lernen aus Fehlern?
- Wie verbessern wir unser Selbstmanagement, z. B. ein verantwortungsbewusster Umgang mit unserer Zeit?
Sie haben bereits Erfahrungen mit agilen Organisationsprinzipien in Zeiten von Corona gemacht? Schreiben Sie uns gerne, wir freuen uns auf einen spannenden Austausch mit Ihnen!